Jump to Navigation
Interview: Margarete von Schwarzkopf (mvs)

Sebastian Fitzek

Was wäre, wenn?

Ein Bücher-Interview mit Sebastian Fitzek über menschliche Abgründe, Motive und Motivation.

Was hat Ihnen letztlich den Anstoß zu einem Buch wie „Der Augensammler“ und nun „Der Augenjäger“ gegeben?

Beim „Augensammler“ gab es ein ganz konkretes Erlebnis, das mich über Umwege zum Plot inspirierte. Ich war bei einer Physiotherapeutin, die meinte, sie könne aus meinen rein physischen Problemen viel über mein Leben bis hin zu meiner Kindheit erkennen. Da überkam mich plötzlich der Gedanke, dass, wenn ich ein Serienmörder wäre und die Physiotherapeutin könnte das bei der Behandlung erspüren, dies doch ein faszinierendes Thema sei. Und dann stellte ich mir eine blinde Physiotherapeutin vor – und meine weibliche Hauptfigur, die durch einen Unfall erblindete Alina, war sozusagen geboren.
 
Das hat aber gewiss bedeutet, dass Sie, um diese Figur glaubhaft darstellen zu können, eine Menge Recherche auch zum Thema Leben ohne Augenlicht anstellen mussten?

Ja, denn ich versuche, mich immer völlig in meine Personen hineinzuversetzen, egal, ob das nun der Mörder ist oder sein Opfer oder Alina, die versucht zu helfen, den Serienmörder zu fassen. Ich habe eine Menge Selbstversuche angestellt mit etlichen blauen Flecken als Ergebnis und mich auch gefragt, ob denn Blinde in ihren Wohnungen Glühbirnen und Spiegel haben, da sie ja selbst im Dunkeln leben. Viele Blinde haben mir bei meinen Recherchen geholfen und mir unter anderem erzählt, dass natürlich in ihren Wohnungen Lampen und Spiegel hängen – immerhin kommen ja auch Sehende zu Besuch oder sie leben mit sehenden Menschen zusammen.

Ein paar Worte zu Ihrer männlichen Hauptfigur Alexander Zorbach, dessen Frau ermordet und dessen Kind entführt wird. Welche Rolle spielt dieser Mann, der sich auf Mörderjagd begibt und dabei die Hölle durchlebt?

In diesem Zorbach steckt viel von mir. Er ist auch sozusagen derjenige, der die Thematik der beiden Bücher über den „Augenjäger“ vorgibt. Im ersten Buch steht er für die vielen Väter, die immer wieder ihren Beruf über ihr Privatleben stellen und die dabei ihre Beziehung zum Kind riskieren. Diese Vernachlässigung von Kindern steht hier im Mittelpunkt. Zorbach lernt seine Lektion auf die harte Art. Im zweiten Buch geht es vor allem um das Thema Selbstjustiz. Ein heikles Thema, da ja oft Recht und Gerechtigkeit nicht konform zu gehen scheinen. Das aber entschuldigt nicht, sich über die Gesetze zu stellen, wie Zorbach es tut, der einen Verdächtigen bis zum bitteren Ende jagt.

Noch einmal zu Ihren Büchern allgemein. Was ist für Sie das Wichtigste – das Thema, der Plot oder die Figuren?

Zu allererst möchte ich eine wirklich spannende Geschichte erzählen. Dabei steht das Thema als Zündstoff im Vordergrund, wobei mich immer die Frage nach dem „was wäre, wenn?“ reizt. Daraus entsteht dann der Plot, der geradeaus und dennoch vielschichtig sein sollte. Doch ohne interessante Figuren ist der nichts wert. Sie sind das Wichtigste! Deshalb muss ich sie selbst genau erkunden, um ihre Motive plausibel zu machen und ihnen eine gewisse Ambivalenz zu verleihen. Ich versuche, alles auch aus dem Blickwinkel der Figur zu sehen, auch des Mörders. Dadurch entsteht Ambivalenz. Denn der Täter hält sein Handeln ja auch für durchaus richtig und einsichtig. Jeder ist nicht nur schwarz oder weiß. Das ist zu simpel und nicht realistisch. Ein Mörder ohne psychischen Hintergrund, ohne Motive – die zwar schrecklich sind – langweilt mich. Ähnliches gilt aber auch für die anderen Charaktere. Auch Zorbach, der für das Gute eintritt und auch Alina, die gegen das Böse kämpft, sind nicht nur harmlose Gutmenschen. Jeder Mensch hat auch eine dunkle Seite, die er glücklicherweise nicht immer auslebt, sondern durch Erziehung und Disziplin unter Kontrolle behält. Aber auch hier die Frage: Was wäre wenn? Wenn all diese Schranken zusammenbrechen, wenn, wie im Fall Zorbach, das Schicksal ihn über das Limit hinausträgt – zu welchen Taten ist man dann fähig?

Weitere Hörbücher von Sebastian Fitzek

Themenwelten

Senioren, Greise, Silver Surfer

Senioren, Greise, Silver Surfer

Alte Menschen in der Literatur

Vom Eise befreit

Vom Eise befreit

Frühlingsliteratur

Über das Denken

Philosophie für Kinder

Von Geburt an Philosophen

Wer sind die anderen?

Afrika

Der so genannte dunkle Kontinent

Familiengeschichten

Vater, Mutter, Kind, Krieg

Familiengeschichten

Wirtschaftskrisenwerke

Wirtschaftskrisenwerke

Über Gier und Risiko