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Fotos: Tobias Bohm

Literaturhäuser stellen sich vor: Das literarische Colloquium Berlin

Inmitten der Literatur

Gästehaus, Reflexionsraum, Bühne für Autoren – seit über 50 Jahren ist das Literarische Colloquium Berlin ein Ort der lebendigen Auseinandersetzung mit Sprache und Literatur. Jürgen Jacob Becker schreibt darüber in BÜCHERmagazin 3/16.

Peter von Matt nannte sie das „Nervenzentrum der gesamten deutschsprachigen Literatur“, für Paul Nizon ist sie gar „eine leuchtende Insel“: jene Berliner Villa mit der Adresse „Am Sandwerder 5“, in der das Literarische Colloquium Berlin seit seiner Gründung 1963 zu Hause ist. Walter Höllerer hatte im kargen West-Berlin der frühen Mauerjahre die ansteckende Vision einer künstlerischen Produktionsstätte für Autoren, Theater- und Filmemacher entwickelt, ein Haus für Sprache und Literatur im technischen Zeitalter. Die legendäre Tagung der Gruppe 47 im Oktober 1962 war der Testlauf, in den Jahren darauf wurde das LCB rasch zum Kristallisationspunkt internationaler Begegnungen: zum Gästehaus für Autorinnen und Autoren und zur Bühne für die Diskussion mit dem Publikum. Schriftsteller aus Ost und West, aufstrebende Nachwuchsautoren und Filmschaffende füllten das Haus bald mit Leben.

Autorenlesungen und –diskussionen bilden auch heute den Kern der Publikumsveranstaltungen: thematische Reihen, Neuerscheinungen, Lesungen im intimen Rahmen, aber auch festlich und bunt wie beim alljährlichen Sommerfest oder bei der Gartenmesse „Kleine Verlage am Großen Wannsee“. Eine lange, bei der Gruppe 47 beginnende Tradition hat das Werkstattgespräch unter Schriftstellern. Viele Autoren verbinden das Literarische Colloquium mit einem längeren Aufenthalt im Gästehaus. Die elf Zimmer beherbergen die Protagonisten der Veranstaltungen und die Stipendiaten – und wissen viele Geschichten zu erzählen. Das Haus bietet Ruhe und Anregung zugleich, die Gelegenheit zum Austausch, dazu bequemen Anschluss an die Großstadt. Gute Voraussetzungen für das Entstehen von Literatur offenbar – in literarischen Texten, aber auch in Selbstzeugnissen und Briefen von Koeppen bis Bolaño kann man, manchmal überraschend und mit großem zeitlichem Abstand, diesen Spuren nachgehen.

Schnittstellen im digitalen Zeitalter – die Beschäftigung mit „Sprache im technischen Zeitalter“ ist heute so notwendig wie 1961, als Walter Höllerer den Titel dieser Zeitschrift erfand: In unserer von Technik bestimmten Gegenwart prägen die Informations- und Kommunikationsmedien alle Bereiche des Lebens immer stärker, werden immer wichtiger, unvermeidbar. Die vierteljährlich erscheinenden Hefte der Spr.i.t.Z –
wie sie lapidar abgekürzt wird – versammeln neue literarische und kritische Texte. Im digitalen Zeitalter zu Hause sind Literaturport.de mit seinem Autorenlexikon und einem Navigator durch die Preise und Stipendienangebote im Literaturbereich und dichterlesen.net – das Onlineportal zum Tonarchiv des LCB und des Marbacher Literaturarchivs.

Das Literarische Colloquium Berlin hat seine Rolle in 50 Jahren immer wieder neu finden und interpretieren müssen. Die internationale Vernetzung stand in den ersten Jahren stark unter politischen Vorzeichen und den Gegebenheiten West-Berlins. Die politischen Konstellationen sind heute freilich andere. Die Kontakte zu den Literaturszenen in Mittel- und Osteuropa sind seit den Neunzigerjahren besonders eng. Literarische Übersetzer – sowohl die deutschen Übersetzer wie auch jene, die die deutsche Literatur in andere Sprachen übertragen – spielen eine stetig wachsende Rolle in den Programmen: Werkstätten, Seminare, Workshops und Symposien wie „Im Bergwerk der Sprache“ (2012) haben Diskussionen über die Geschichte der deutschen Literatursprache angestoßen, Spielräume und Elemente der Übersetzungskunst ausgelotet und dabei den Sinn der literarischen Öffentlichkeit geschärft für die Spezifik übersetzter Texte.

Im Literarischen Colloquium Berlin haben viele Entwicklungen Gestalt angenommen, die die literarische Öffentlichkeit bis heute prägen. Es ist ein Ort der lebendigen Auseinandersetzung mit Literatur, eine Institution mit internationaler Ausstrahlung.

Infos zum aktuellen Programm gibt es hier: www.lcb.de

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