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Val McDermid

Ein typisches Beispiel dafür ist auch ihr im Frühling dieses Jahres erschienener Roman „Nacht unter Tag“. Val McDermid bezeichnet diese Geschichte aus dem Bergarbeitermilieu in Schottland, die sich über einen Zeitraum von 23 Jahren spannt und von Entführung, Mord, Verrat und verlorener Liebe handelt, als ihr „persönlichstes Buch“. Denn sie hat darin viele eigene Erinnerungen an die großen Bergarbeiterstreiks aus den achtziger Jahren in ihrer schottischen Heimat verarbeitet. „Viele Schauplätze in dem Roman sind Orte meiner Kindheit – zum Beispiel die großen Höhlen an der Küste, die schon vor 8.000 Jahren bewohnt waren und in denen ich als Kind gespielt habe, eine Burgruine oder die ehemaligen Bergarbeitersiedlungen, die nach den großen Streiks verfielen. Auch die Schauplätze in Italien sind wichtige Orte in meinem Leben gewesen und zum Teil der Wirklichkeit entlehnt. Natürlich nutze ich Fakten wie den Bergarbeiterstreik nur als Tor zu einer fiktiven Handlung. All diesen Romanen, die eine in sich abgeschlossene Geschichte erzählen, haben eines gemeinsam: den Versuch, die Vergangenheit und die Gegenwart miteinander zu verbinden. Das entspringt meiner Überzeugung, dass nichts in der Vergangenheit geschieht, was nicht Schatten bis in die Gegenwart wirft. Schuld und Sühne, Vergessen und Vergeben sind uralte Themen in der Literatur, die mich faszinieren. Alles kommt irgendwann ans Licht, und in ‚Nacht unter Tag’ untersuche ich unter anderem, was Menschen alles tun, um die Vergangenheit für immer hinter sich zu lassen und sie auszuradieren. Dass dies nicht gelingt, nicht gelingen kann, bedingt die Spannung in dem Roman.“

Die „Stand Alones“ sind, anders als die Serienbücher, weit weniger grausam. Keine Serienkiller, keine Psychopathen, keine verstümmelten Leichen, dafür mehr Psychologie und subtiles Schildern von menschlichen Seelenabgründen. Weshalb aber ist Val Mc Dermid oft scheinbar so fixiert auf diese Charaktere, die vor nichts zurückschrecken und deren Missetaten sie geradezu akribisch genau schildert? So auch in ihrem jüngsten Tony-Hill-Roman, „The Fever of the Bone“, der gerade auf Englisch erschienen ist: „Ich zeige, welche Monster unsere Gesellschaft hervorbringen kann, was für zerstörte Seelen unter uns leben. Von Natur aus bin ich alles andere als grausam oder sadistisch veranlagt. Aber wenn ich beschreiben muss, was Tony Hill gemeinsam mit Carol durchmacht bei ihrer Suche nach diesen irren Mördern, dann kann ich nicht so tun, als ob ich einen Landhaus-Kriminalroman in der Tradition von Agatha Christie schreibe. Das war eine andere Zeit, eine andere Welt, die  durchaus ihre Reize hat, heute aber fast schon nostalgisch wirkt. Die Verbrechen und Verbrecher, die ich in meinen Serienromanen schildere, sind Ausgeburt der Dunkelheit, Außenseiter der Gesellschaft, Auswurf. Die Herausforderung an mich als Autorin besteht aber darin, diese Charaktere trotz ihrer Grausamkeit dem Leser doch so nahe zu bringen, dass er zwar nicht gerade Sympathie für sie empfindet, sie aber dennoch als das erkennt, was sie sind: Opfer ihrer Biografie oder ihrer eigenen Wahnvorstellungen, verlorene Seelen.“

  • Val McDermid traf hörBücher-Mitarbeiterin Margarete von Schwarzkopf in Berlin.

Deshalb sei ihr die Figur des Tony Hill so wichtig, der selbst auf dem schmalen Grat zwischen Wahn und Wirklichkeit balanciere und mehr als einmal einen Blick in die Finsternis seiner eigenen Seele geworfen habe. „Also“, fährt sie fort, „sind diese Romane nicht Bücher für Sadisten, sondern sie sollen zeigen, wie verwundbar wir alle sind und wie glücklich wir sein können, wenn unser Leben in zumindest halbwegs normalen Bahnen verläuft und wir trotz aller Verwundungen und seelischer Blessuren nicht in die Turbulenzen geraten, die in meinen Büchern Opfer, Täter und Ermittler in ein Boot zwingen.“ Außerdem sollen ihre Bücher vor allem spannende Unterhaltung sein, an deren Ende man erleichtert aufatmet.

Sie sei vor allem eine Geschichtenerzählerin. „Und wie manche Märchen sind einige meiner Erzählungen grausamer als andere. Aber immer mit dem Ausblick auf ein Ende, das den Opfern Gerechtigkeit widerfahren lässt.“

Zitate:
„Ich zeige, welche Monster unsere Gesellschaft hervorbringen kann.“
„Wie ein Vampir sauge ich alle Menschen aus, wenn es um Erlebnisse und Ereignisse geht.“
 

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