Kulinarische Liebeserklärung an Rom
Es gibt Bücher, die wecken Fernweh. Andere stillen Sehnsucht. Und wieder andere tun beides gleichzeitig – so wie "Ciao Roma" von Till Brönner. Was der gefeierte Jazzmusiker mit seiner ersten kulinarisch-biografischen Veröffentlichung vorlegt, ist weit mehr als ein Kochbuch. Es ist ein leidenschaftliches Mosaik aus Erinnerungen, Sinneseindrücken, musikalischem Gespür und ästhetischem Feingefühl – eingefangen in 232 Seiten, die sich lesen wie eine Einladung an einen römischen Küchentisch mit Blick auf die Kuppel von Sant’Agnese in Agone. Brönner, der in der Musikwelt längst als deutscher Chet Baker gefeiert wird, lässt mit diesem Werk seine Zeit in Rom lebendig werden. Wer Ciao Roma aufschlägt, tritt ein in einen Raum voller Geschichten – kulinarisch, fotografisch, persönlich. Die Stadt am Tiber wird darin nicht verklärt, sondern erinnernd durchdrungen: als ein Ort, der nicht nur Gerichte, sondern ganze Lebenshaltungen prägt.
Ein Musiker als Erzähler der Aromen
Es ist kein Zufall, dass Brönner die Sprache des Kochens wählt. In ihr – wie in der Musik – verbinden sich Handwerk, Leidenschaft und Intuition. Die Rezepte, die er präsentiert, sind Klassiker der römischen Küche, aber sie kommen nicht mit dem Anspruch daher, „neu gedacht“ oder „fusioniert“ zu sein. Stattdessen: Respekt vor dem Original. Cacio e pepe, Saltimbocca, Frittiertes aus dem Latium – alles in seiner Klarheit und Würde. Brönners Anleitungen sind klar strukturiert, ohne ins Didaktische zu kippen. Seine Begeisterung ist spürbar, aber niemals laut. Gerade das unterscheidet dieses Buch von vielen anderen prominenten Kochbuchprojekten. Es geht Brönner nicht um Selbstdarstellung. Vielmehr schwingt in jeder Zeile, in jeder fotografischen Komposition der Wunsch mit, etwas zu teilen: den Zauber des Alltäglichen, den Geschmack der Kindheit, das Zusammenspiel von Duft, Licht und Klang in einem Café an der Via della Pace.
Ästhetik als Haltung
Ein zentrales Thema in Ciao Roma ist die Ästhetik – nicht als dekorativer Selbstzweck, sondern als gelebte Haltung. Schon die Gestaltung des Buches – von der hochwertigen Cellophanierung bis zur stilvollen Folienprägung – spiegelt wider, was Brönner an Rom fasziniert: die Kunst, Schönheit in jedem Detail zu entdecken. Seine Fotografien – mal in sattem Farbton, mal in melancholischem Schwarzweiß – sprechen die Sprache eines Künstlers, der mit dem Auge ebenso komponiert wie mit dem Ohr. Es sind Momentaufnahmen voller Atmosphäre, oft unspektakulär, aber immer voller Leben.
Die Liebe zum Detail zeigt sich auch im Aufbau des Buches. Jedes Kapitel erzählt von Musik, Freundschaft, Gastfreundschaft, von gemeinsamen Tischen und zufälligen Begegnungen. Es erzählt davon, wie Kochen nicht nur Nahrungszubereitung ist, sondern Kommunikation – eine Form, miteinander in Beziehung zu treten. Wer diese Rezepte kocht, nimmt teil an einem Lebensgefühl, das sich zwischen Improvisation und Tradition bewegt.
Nachhaltigkeit als Selbstverständlichkeit
Bemerkenswert ist, dass Ciao Roma auch in seiner Produktion Maßstäbe setzt. FSC-zertifiziertes Papier, klimaneutraler Druck – dies wird im Buch nicht herausgestellt, sondern wirkt selbstverständlich. Auch das passt zu Brönners Haltung: Verantwortung zu übernehmen, ohne damit zu kokettieren. Die Nachhaltigkeit ist integraler Bestandteil seiner Ästhetik – und nicht bloß ein ökologisches Feigenblatt.
Ein Werk jenseits aller Schubladen
Die Frage, in welches Genre dieses Buch fällt, lässt sich schwer beantworten. Es ist Reiseführer, Fotoband, Biografie, Kochbuch und Liebesbrief in einem. Es geht darin um Rezepte, ja. Aber auch um Erinnerungen. Um Verlust. Um das, was bleibt. In einer Zeit, in der Kochbücher zunehmend in Richtung Showroom-Ästhetik und Food-Styling-Perfektion abdriften, ist Ciao Roma ein wohltuend analoges Werk. Es lädt ein zum Selbermachen, zum Probieren, zum Scheitern, zum Wieder-Versuchen – wie das Leben selbst.
Rom als Spiegelbild des Ichs
Till Brönner zeigt sich in diesem Buch so persönlich wie selten. Nicht in Form eines klassischen Ich-Erzählers – aber in der Wahl der Bilder, in der Auswahl der Rezepte, in der Tonlage seiner Sprache. Rom wird zur Folie seiner eigenen Reifung. Was er aus dieser Zeit mitgenommen hat, ist ein Gespür für das Wesentliche. Für das Einfache, das in Wahrheit das Komplexeste ist. Für die Kunst, das Leben zu genießen – nicht als Event, sondern als tägliche Praxis. Ciao Roma ist ein Geschenk für all jene, die glauben, dass Genuss, Musik, Ästhetik und Erinnerung untrennbar miteinander verbunden sind.
Mehr Infos unter:Till Brönner - Ciao Roma - Das Kochbuch
Hier geht es zur Website von Till Brönner: https://tillbroenner.de/de/
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