Eine alte Geschichte - Neue Version
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Informationen: , 26 €
Verlag: Hanser Berlin
Rezension
Ein Buch wie ein Donnerschlag. Obsessiv, ganz offensichtlich an die "120 Tage von Sodom" des Marquis de Sade erinnernd, fliegt das Erzähler-Ich durch diesen Text, besser gesagt, es läuft und schwimmt durch ihn hindurch, denn die immer wiederkehrenden Passagen, in denen das Ich von Szenerie zu Szenerie läuft und ihr durch einen Sprung ins kalte Wasser wieder entkommt, sind die Scharniere der nicht enden wollenden Orgien, die Littell in seinem Text stattfinden lässt. Das Buch ist ganz sicher keine entspannte Gute-Nacht-Lektüre, doch wird das wohl auch niemand erwarten, der Littells Duktus bereits kennt. Für die, die sich darauf einlassen, ist es eine Tour de Force durch die menschliche Begierde in all ihren Ausprägungen, ein fluides Geschlechtererlebnis jenseits aller verkrampfter Gender-Debatten, geprägt allein von der Suche nach Wahrhaftigkeit, Lust und dem intensiven Erlebnis des eigenen Ich. Dass dieses Ich sich auf der Suche nach sich selbst fortwährend verliert, gehört zu den zentralen Paradoxien des Textes, die ihn gleichzeitig zum Erlebnis, aber auch zeitweilig schwer erträglich machen. Wer also rauschhafte Texte, die sich dem Innersten des Menschen widmen, mag, wird hier ganz hervorragend bedient.
(ct)