Von Edelfedern, Phrasendreschern und Schmierfinken
SACHBÜCHER
Informationen: , 19.95 €
Verlag: Manesse
Rezension
Kritik an der Presse und deren Akteure hat in Frankreich Tradition. Schon im 19. Jahrhundert kratzten viele Schriftsteller an den Mythen der Branche. Prominentester Vertreter: Honoré de Balzac. Im Austeilen war er gut, im Einstecken schlecht. Einen spannenden Einblick in seine genreübergreifende Medienkritik bietet diese Textsammlung: Sie beinhaltet - erstmals auf Deutsch - Balzacs biologistische "Typologie der Pariser Presse", ferner sein Manifest zum Urheberrechtsschutz für Literaten oder seine Polemiken über prominente Zunftgenossen. Balzacs Medienkritik ist natürlich ein Kind ihrer Zeit. Sein Jahrhundert gebar die kapitalistische Massenpresse, und mit ihr die wirtschaftliche Abhängigkeit der Medien von Annoncen und Abonnenten. Die Qualität der Berichterstattung sank, ein Heer schlecht honorierter Klein-Journalisten betrieb Zeilenschinderei. Balzac geißelt auch die Verflechtungen von Journalismus und Politik oder die mangelnde Solidarität unter den Journalisten. Ein hervorragendes Nachwort des Übersetzers und Herausgebers erhellt den sozio-politischen wie ökonomischen Hintergrund - und analysiert Balzac in seiner Multifunktion als Schriftsteller, Journalist und Medienmacher.
(wal)