Jump to Navigation
Interview: Christian Bärmann (bär) | Fotos: Uwe Tölle

David Nathan

Audienz beim König des Prima Vista

David Nathan macht aus einem mauen Thriller ein gutes Hörbuch und selbst aus dem Beipackzettel eines Medikamentes einen Genuss für die Ohren. Eine Mischung aus viel Talent und harter Schule der DEFA-Studios in der DDR. Wir trafen die deutsche Stimme von Johnny Depp zum Interview.

Wie macht er das bloß? Diese Frage spiegelt sich in vielen vergnügten Gesichtern, wenn David Nathan bei einer seiner „Prima Vista“-Lesungen Texte vorträgt, die er erst Sekunden vorher aus dem Publikum bekommen hat. Kein Wunder, dass selbst Kollegen ihn als den „König des Prima Vista“ bezeichnen. Gleich ob hochkomplizierter Text voller Zungenbrecher oder Gebrauchsanleitung für ein Abführmittel: David Nathan macht bei diesen Live-Veranstaltungen – meist an der Seite des in dieser Hinsicht gleichsam begabten Simon Jäger – aus jedem Text, den er von Zuschauern erhält und aus dem Stand vorträgt, ein Kabinettstückchen.

„Das ist mir wohl in die Wiege gelegt worden“, sagt Nathan, „ich kann das Ende des Absatzes schon zu Beginn erfassen.“ Wer so viele Hörbücher lese wie er, könne eben irgendwann Texte jeder Art schnell umsetzen. Erfrischend unprätentiös ist der 39-Jährige, der privat berlinert, was das Zeug hält, und es schwer macht zu glauben, dass hier die deutsche Synchronstimme von Johnny Depp und „einer der gefragtesten und meistbeschäftigten Sprecher seiner Generation“ gegenübersitzt, wie es auf seiner Wikipedia-Seite zu lesen steht. Nathan lacht herzhaft. „Das steht da wirklich?“, fragt er und erzählt, dass diese Texte von einer Hebamme aus Bochum stammen, die ein großer Fan ist und auch für andere Sprecher deren Wikipedia-Seiten pflege. 

  • Die Idee, David Nathan vor einem Rotlichtladen in Berlin-Mitte zu fotografieren, hatte übrigens Nathans Ehefrau – weniger allerdings, weil das zu ihrem Mann passe, sondern weil das Licht tatsächlich klasse war.

Aber sie hat ja Recht. David Nathan ist gut im Geschäft. Sein Talent und seine markante Stimme drängen sich vielen Hörbuchverlagen mittlerweile einfach auf – vor allem, wenn es darum geht, einen Thriller zu besetzen. Darauf scheint er offenbar abonniert. „Abonniert ja, aber bitte nicht spezialisiert“, betont Nathan, der zwar nichts dagegen hat, in die Thriller-Schublade gesteckt zu werden, aber auch gerne mal andere Sachen machen würde. Etwa einen Roman von T.C. Boyle. Dafür müssten zwar erst dessen „Haussprecher“ Boris Aljinovic oder Jan Josef Liefers absagen – „oder ick koofe einfach die Rechte“.

David Nathan musste ins Sprechergeschäft nie wirklich einsteigen. Er war eigentlich schon immer drin. „Das ist halt so, wenn der Vater Schauspieler und Synchronsprecher ist. Ich war als Knirps meistens mit dabei, und irgendwann kam ein Regisseur und fragte mich, ob ich auch mal was sprechen möchte.“ Das war noch zu Zeiten der DDR, in den DEFA-Studios in Johannisthal. Also synchronisierte schon der junge David Filme, meist aus Tschechien und Russland. Da sei es noch ganz anders zugegangen als heute.

„Die Takes waren viel länger, und es wurde auch nicht zusammengeschnitten. Wir haben meist zu sechst um das Mikrofon gestanden und die Szene solange gesprochen, bis sie ohne Versprecher im Kasten war“, erinnert er sich. Das habe viel Zeit gekostet, aber die honorarfreie Arbeit mit den Kindern der anderen Schauspieler habe ebenso viel Spaß gemacht. Und es war eine gute Schule, wie sich später herausstellen würde.

Weitere Hörbücher mit David Nathan

Themenwelten

Senioren, Greise, Silver Surfer

Senioren, Greise, Silver Surfer

Alte Menschen in der Literatur

Vom Eise befreit

Vom Eise befreit

Frühlingsliteratur

Über das Denken

Philosophie für Kinder

Von Geburt an Philosophen

Wer sind die anderen?

Afrika

Der so genannte dunkle Kontinent

Familiengeschichten

Vater, Mutter, Kind, Krieg

Familiengeschichten

Wirtschaftskrisenwerke

Wirtschaftskrisenwerke

Über Gier und Risiko