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Henning Mankell und Axel Milberg

Herr Mankell, ganz offenbar sind Sie auch ein Verfechter des gesprochenen Wortes …

Und wie. Ich kann daher auch sehr gut verstehen, warum Hörbücher so erfolgreich sind. Viele Menschen haben das Verlangen, Geschichten in einer Art zu hören, wie wir sie als Kinder von unseren Eltern und Großelter oft gehört haben. Es ist ein wichtiger Teil unserer Kultur, Geschichten zuzuhören. Daher glaube ich auch nicht, dass der Erfolg der Hörbücher nur darin begründet ist, weil Menschen keine Zeit mehr zum Lesen haben. Es ist vielmehr ein neues Bedürfnis da, Geschichten zuzuhören – und das ist etwas, was im Laufe der Zeit verloren gegangen ist.

Axel Milberg: Ich sehe das ganz genau so, glaube aber auch, dass wir durch das Fernsehen reizüberflutet wurden. Die Augen sind müde. Infolgedessen schließen wir nun lieber die Augen, hören und kommen wieder zu eigenen Bildern. Mittlerweise gibt es auch viele junge Menschen, die sich danach sehnen. (zu Mankell gewandt) In Berlin finden sich an bestimmten Tagen bis zu 300 Menschen ein, die sich im Zeiss-Großplanetarium mit Blick in den Sternenhimmel zum gemeinsamen Hören von Hörspielen treffen. Das finde ich sehr erstaunlich. Aber der Mensch ist klug und holt sich so zurück, was ihm fehlt.

Herr Mankell, hören Sie auch Hörbücher?

Kaum. Aber ich höre oft Menschen zu, die Geschichten erzählen. Vor allem in Afrika. Auf diese Weise brauche ich wohl keine Hörbücher. Meine Frau und ich lieben es, uns gegenseitig Geschichten zu erzählen und uns laut vorzulesen. Ich bin auch so müde von der optischen Welt, dass wir uns lieber in der Hörwelt aufhalten, in der wir die Augen schließen und eigene Bilder schaffen. Das finde ich sehr wichtig. Deswegen werden in ein paar Jahren Hörbücher noch wichtiger sein.

Herr Milberg, bei der Gestaltung Ihres Kommissar Borowski haben Sie sich an die Figur von Mankells Kommissar Wallander angelehnt. Was hat Sie am meisten inspiriert?

Schauen Sie mich an: Mir gehen die Haare aus, ich habe ein Bäuchlein, bin nicht 20 Jahre alt und komme nicht aus dem Fitness-Studio. Außerdem ist Borowski auch eine nordische Figur, der nördlichste „Tatort“-Kommissar. Mir gefiel, das Wallander eine Tochter hat, zu der er keine enge Beziehung pflegt. Er ist kein Teamplayer, sondern einzelgängerisch und abweisend. Er hört genau zu und nimmt mehr auf, als er spricht.

Uns geht es beim Kieler „Tatort“ auch darum, den Zuschauer hungrig zu halten. Denn es ist die Krankheit des Fernsehens, dass es immer alles erklären will. Ich kämpfe bei jedem Drehbuch darum, dass wir nicht soviel erklären – wir sind ja kein Volk von Hilfsschülern und Idioten.

  • Axel Milberg und Henning Mankell im Gespräch mit hörBücher-Chefredakteur Christian Bärmann (v.l.)

Fänden Sie deswegen auch die Idee eines „Tatort“ ohne Auflösung reizvoll?

Das haben wir in gewisser Weise schon bei der Folge „Borowski in der Unterwelt“ gemacht, wo der Mörder kein Mörder war und auch Fragen offen blieben.

Herr Mankell, aber erwartet der Leser nicht die Auflösung eines Falles?

Jeder Leser, der eine Geschichte liest, erwartet ein Ende. Aber es gibt so viele Wege, eine Geschichte zu beenden. Warum nicht auch mal mit einer Frage? Der Leser muss nicht alles wissen. Auch in meinem neuen Buch gibt es Dinge, die nicht erklärt werden. Ich erkläre nie alles. Wichtig ist nur, dass der Leser das Gefühl hat, dass es sich um ein Ende handelt.

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