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Andreas Steinhöfel

Was haben Ihnen als Kind Bücher bedeutet?

Unglaublich tolle Abenteuer. Weg von hier und irgendwo anders hin. Als Kind habe ich noch nicht wahrgenommen, dass das Realitätsflucht war. Ich komme aus einem nicht besonders harmonischen Elternhaus, da war echt Brockenflug angesagt, inklusive Schläge, und wenn ich ein Buch vor der Nase hatte, war der Rest der Welt nicht sichtbar.

Die Kinder in Ihren Büchern machen sich oft Sorgen um ihre Erwachsenen. Die Erwachsenen machen sich auch oft Sorgen um ihre Kinder, wirken aber meistens selbst ein bisschen verloren. Was würden Sie Erwachsenen gern über den Umgang mit Kindern sagen?

Viele Erwachsene, selbst Eltern, laufen mit der Vorstellung herum, dass das Kind ein kleines, dummes, unfertiges Wesen ist, dem man viel beibringen muss, damit es in unserer Welt bestehen kann. Und andere glauben, dass Kinder kleine Genies sind, denen man jeden Freiraum lassen muss, damit dieses Genie sich entfalten kann. Und in beiden Fällen führt das zu nicht besonders guten Resultaten.

  • Andreas Steinhöfel unter dem Schild der Dieffenbachstraße – hier wohnt seine Figur Rico, hier wohnt auch er.

Und was sollten Kinder über den Umgang mit Erwachsenen wissen?

Als Kind dachte ich immer, Erwachsene haben Zugriff auf alle Weisheit der Welt. Als Erwachsener habe ich dann festgestellt, dass das mitnichten so ist und dass jeder von uns, ganz egal, wie er sich nach außen gibt, von Unsicherheit durchdrungen ist. Man macht auch als Erwachsener jede Menge Blödsinn und bereut das dann später. Ich weiß nicht, ob das schlau wäre, aber manchmal würde ich Kindern gerne sagen: „Ey, ich find's völlig okay, Respekt gegenüber Menschen mit mehr Lebenserfahrung zu haben, aber es ist nicht immer der Weisheit letzter Schluss. Glaubt nicht alles, was die euch erzählen.“

Das könnte man auch Erwachsenen hin und wieder sagen.

Es gibt ein Experiment, das ich gerne mache. Bei Lesungen fragen mich Erwachsene gerne: „Hatten Sie eine schwere Kindheit?“ Und dann antworte ich: „Ja, die ersten Jahre im Keller waren ganz schlimm.“ (lacht) Da ist völlige Betroffenheit im Publikum, wirklich, eine Frau hat mal geweint. Und danach sage ich: „So, Leute, nur weil ich einen halben Meter höher sitze als ihr, kann ich euch irgendwas erzählen und ihr glaubt es! Was um alles in der Welt macht ihr, wenn da vorne ein Bundeskanzler steht?“

Ihr erstes Buch haben Sie geschrieben, weil Sie sich über ein Kinderbuch geärgert haben. Was für ein Buch war das?

Es war ein schrecklich pädagogisches Kinderbuch, eine Mutmachgeschichte. Die Geschichte war von vorne bis hinten schlimm. Es ging ums Skifahren. Kind hat Angst vorm Skifahren, Eltern fahren mit dem Kind in den Skiurlaub, Kind muss jetzt irgendwie beweisen, dass es Skifahren kann. Aber die Frage, warum Eltern mit einem Kind, das Angst vorm Skifahren hat, in den Skiurlaub fahren, wird im ganzen Buch nicht gestellt. Und das hat mich aufgeregt. Aus dieser Wut heraus am habe ich am selben Abend eine Geschichte geschrieben. Dieses dämliche Buch kam von Carlsen, da hab ich die Geschichte hingeschickt. Und dann kam witzigerweise ein halbes Jahr später ein Brief zurück, in dem sie ein ganzes Buch bestellten. Ich stand gerade vorm schriftlichen Examen und habe gedacht: „Gut, du wirst eh arbeitslos. Dann kannst du auch Schriftsteller werden.”

Sehr pragmatisch.

Das Coole an so einem pragmatischen Ansatz ist, dass er dir ein Leben lang hilft, deine Sachen durchzusetzen. In Situationen, in denen es um Prozente geht, in Verträgen. Wenn es mir zu doof wurde, konnte ich auch immer sagen: „Ich kann‘s auch lassen. Ich wollte nie Autor werden.“ Wenn es wirklich ernst gemeint ist, funktioniert das sofort.

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