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Terry Pratchett und die Bibliothek der Unsichtbaren Universität

Im Innersten seines Primatenherzens ist der Bibliothekar jedoch ein Philosoph, der das aggressive Treiben seiner nur wenige Gene entfernten Mitbürger mit Muße und Anteilnahme beobachtet. Etwa im Stammpub „Geflickte Trommel“, wo er sich neben dem Feierabend-Bierchen gerne sämtliche Erdnüsse aus den Schälchen auf der Theke gönnt. Im „Club der Unsichtbaren Gelehrten“  wurde aus dem Beobachter menschlicher und sonstiger Schwächen ein Teilnehmer des in Ankh-Morpork wütenden Fußballfiebers. So verbinden die Scheibenweltromane die Elemente der Fantasy letztlich nicht nur mit Komik, sondern auch mit zeitgeistigen Themen wie Massensport, Tourismus, neuen Technologien, Straßenkämpfen als Beginn einer Revolution oder der Verstaatlichung der Post.
 
In seiner Heimat Großbritannien wird der 1948 geborene Pratchett als Moralist geschätzt, als optimistischer Satiriker, als Literat, der weder vor Shakespeare-Parodien wie „Wyrd Sisters“ (Deutsch: „MacBest“) oder dem teuflischen Faust-Stoff von Marlowe und Goethe zurückschreckt ( „Faust Eric“). Jeder Text ist mit dem überbordenden Sprachwitz des Erzählers ausgestattet, der – wie manche der Figuren – Redewendungen und Metaphern bisweilen wörtlich nimmt. Was die Kommunikation in Ankh-Morpork erschwert, aber das Lesen der Texte zu einem grandiosen Vergnügen macht, Satz für Satz. Zumindest in englischen Originalen. Auf deutschen Fansites sammeln sich dagegen Beschwerden über sowie Korrekturen zu einzelnen Fehlern.

Bananen zwischen Buchrücken

Pratchett-Liebhaber dürfen gespannt sein, inwieweit derartige Mängel in der Mitte Mai erscheinenden, zusätzlichen Pratchett-Ausgabe ausgemerzt sein werden. Neu übersetzt und ausgestattet mit völlig neu gestalteten Covern von Tom Steyer, sollen dann auch die den Fans schon bekannten Scheibenwelt-Romane endlich auch solche Leser anlocken, die nicht zu regelmäßigen Fantasy-Konsumenten zählen. Außer dem aktuellsten Pratchett-Titel „Das Mitternachtskleid“ gehört dazu „Voll im Bilde“. Auf Deutsch erstmals 1993 aufgelegt, handelt es sich um eine recht bösartige Version der Entstehung der Filmindustrie in einer Wüstengegend namens Holy Wood. In der eine haushohe Frau einen Orang-Utan entführt.
 
Scheibenwelt und Kugelerde gehören längst nicht mehr nur beim Lesen dieser Anspielungen zusammen. Das ganz reale Örtchen Wincanton in Somerset hat Ankh-Morpork zur Partnerstadt gewählt und einem Neubaugebiet deren berüchtigte Straßennamen gegönnt: Treacle Mine Road und Peach Pie Street. Pratchett selbst gehört zum Vorstand der Orangutan Foundation, die sich um das Wohlergehen dieser Menschenaffen in Sumatra kümmert. Seit Ende 2007 klar wurde, dass der für seine Texte geadelte Sir Terence David John Pratchett an Alzheimer leidet, ist jedes Buch, das er noch schreiben kann, umso kostbarer geworden. Seine Leser hoffen das Beste, lassen den Librarian immer weiter in ihren Inneren Bibliotheken schwingen. Und schmuggeln Bananen zwischen die Buchrücken, um ihn noch glücklicher zu machen.

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