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Interview: Christian Bärmann (bär)

Tommy Jaud

„Die meisten meiner Urlaube waren Horror-Trips“

Ein Stau auf der A1 sorgt dafür, dass Tommy Jaud etwa eine Stunde zu spät zu unserem Interview­termin in Hamburg erscheint. Gemessen daran, was der Bestsellerautor anschließend über seine Reisen erzählt, passt diese Verspätung gut ins Bild. Doch spricht er auch über die Erfahrung, erstmals einen seiner Romane selbst als Hörbuch eingelesen zu haben.

Herr Jaud, Ihre Bücher und Hörbücher sind Bestseller, „Vollidiot“ wurde verfilmt, „Resturlaub“ kommt als nächstes ins Kino – könnten Sie sich schon zur Ruhe setzen?

Das wäre dann vielleicht doch ein bisschen früh, und so groß sind die Margen für Autoren in Deutschland nicht, dass es bis zum Lebensende reicht. Aber ich freue mich über den Erfolg! Eines ist aber sicher: Es war ein bisschen viel in den letzten Jahren, jetzt gönne ich mir eine Pause und mache erst mal Urlaub.

Aber wohl eher nicht in Namibia?

Nö, ich glaube, wir bleiben einfach mal in Köln. Wenn man sofort wieder in den Urlaub hetzt, ist das auch nicht so gut für die Nerven …

Eine Namibia-Rundreise hat Sie zu „Hummeldumm“ inspiriert. War die Reise wirklich so schlimm?

Die Figuren waren eigentlich gar nicht so witzig. Es war eher eine höfliche, zurückhaltende und heterogene Gruppe, die nicht so viel mit sich anfangen konnte. Auch nach 18 Tagen hatten wir uns beim Abendessen nichts zu sagen, obwohl wir zusammen viel erlebt hatten. Am Anfang der Reise – bei der wir auch in so einem engen Reisebus wie in „Hummeldumm“ saßen – habe ich mir Notizen gemacht, um nachher daraus ein Buch zu machen. Da aber eigentlich nichts passiert ist, hatte ich kaum Material. Ein Jahr später habe ich die Notizen noch mal rausgepackt, mich an meiner Reiseroute entlang gehangelt, den Bus mit meinen Figuren neubesetzt. Nur der Reiseführer Bahee, der in Wirklichkeit Dijongo Zaire heißt, kommt in dem Buch vor – nachdem ich mir in Windhoek seine Erlaubnis dafür eingeholt habe. Denn Bahee ist schon sehr nah am Original dran.

„Urlaub ist immer so, als würden wir in den Krieg ziehen“

War das Ihre erste Pauschalgruppenreise?

Ja, ich glaube schon. Und ich würde jetzt auch keine mehr machen.

Was war daran das Schlimmste?

Eingesperrt zu sein. Bizzarrerweise hatte ich vorher mit meiner Freundin eine Individualreise durch Kuba gemacht, und das war so schrecklich, da kurz nach einem Hurrican alle Schilder fehlten, wir nur über den Tisch gezogen wurden und quasi Dollar auf Füßen waren. Das war unfassbar anstrengend. Daher wollten wir danach mal eine Gruppenreise machen – doch zur Entspannung taugt so was eben nicht, da man 3.000 Kilometer nur sitzt und das Risiko zu groß ist, wenn man eine so lange Zeit mit Menschen reist, die man nicht kennt. Mein Traum wäre es, genauso eine Reise mit guten Freunden zu machen, so dass man die Reise dann auch menschlich entspannt genießen kann.

Wie sähe denn Ihr perfekter Urlaub aus?

Vier bis acht Wochen nur an einem Ort, dort dann zu wohnen wie ein normaler Mensch und vielleicht auch immer wieder in die gleichen Kneipen zu gehen, um ein bisschen ansässig zu werden. Ich finde es schön, länger an einem Ort zu sein, da dann auch ein bisschen Ruhe reinkommt.

Kam einer Ihrer Urlaube diesem Ideal schon nahe?

Hmm, die meisten meiner Urlaube waren Horror-Trips (lacht). Wir waren mal auf Guadeloupe – eine Woche Dauerregen, da ging alles schief. Wir wohnten in einem Strandhaus, neben dem eine Eisdiele von Steinschneidern renoviert wurde. Vor dem Strandhaus wurden Wellenbrecher aufgeschüttet, mit 20-Tonnen-Würfeln, die ab sechs Uhr morgens von Riesenbaggern ins Wasser geworfen wurden. Nicht zu vergessen die Moskitoplage … Kuba hatte ich ja schon erwähnt. Wir sind dann auch einfach mal in einem Drei-Sterne-Hotel auf Fuerteventura gewesen – und das war ausgerechnet einer unserer schönsten Urlaube (lacht).

Viele Urlaube können schon mal zum Belastungstest für eine Beziehung werden. Auch bei Ihnen?

Bei uns ist das zum Glück nicht so. Aber wenn man zum ersten Mal richtig Zeit mit dem Partner verbringt und dann die wichtigste Zeit des Jahres nach hinten losgeht, geht es vielleicht doch gegen den, der die Reise gebucht hat oder die Idee hatte. Ich habe auch schon mal die totale Schwachsinnsidee gehabt, während der Fußball-WM 2006 fünf Tage in San Sebastian zu buchen – genau in den fünf Tagen, in denen die Endrunde stattfand. Weil ich total sicher war, dass die Deutschen nicht in die Endrunde kommen. Und dann sind wir da runtergefahren und haben das Spiel Deutschland gegen Argentinien in einer leeren Diskothek mit einer auf uns gerichteten 4-KW-Klimakanone gesehen. In Köln war Party ohne Ende, Riesenstimmung, und wir saßen im einzigen Landstrich Spaniens, in dem sich keiner für Fußball interessierte – und lagen danach wegen der Klimadisko mit 40 Grad Fieber krank im Bett. Das war meine Schuld, aber meine Freundin hat keinen Stress gemacht. So gleicht sich das bei uns immer wieder aus … Kuba war ihre Schuld, und das haben wir auch zusammen geschafft. Urlaub ist immer so, als würden wir in den Krieg ziehen, es klappt einfach meistens nicht (lacht).

Haben Sie beim Schreiben wenigstens mehr Spaß als in Ihren Urlauben?

Ich habe beim Schreiben durchaus Spaß, allerdings muss ich mich manchmal auch durchprügeln, wenn ich meine Ziele, etwa drei bis fünf Seiten pro Tag, erreichen will. Was ich ein bisschen vermisse, ist das Schreiben fürs Fernsehen im Team, wo ich ja auch herkomme. Das hat richtig Spaß gemacht.

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