Jump to Navigation
Interview: Christian Bärmann (bär) | Fotos: Uwe Tölle

Kirsten Boie

„Ich möchte, dass Kinderliteratur ernst genommen wird“

Hamburg, kurz vor Weihnachten. Kirsten Boie blickt auf ein spannendes Jahr zurück: Sie erhielt den Jugendliteraturpreis 2007, ihr Jugendroman "Alhambra" landete auf der SPIEGEL-Bestsellerliste und sie darf vom Erfolg in den USA träumen. Kein Wunder also, dass hörBücher im Kinderbuchhaus Hamburg auf eine entspannte Autorin trifft.

Frau Boie, die FAZ hat sie als die "deutsche Astrid Lindgren" bezeichnet. Ein tolles Kompliment, oder?

Ja, und ich habe mich unglaublich darüber gefreut. Allerdings sind das doch sehr große Schuhe, in denen ich nicht sonderlich bequem laufe. Aber es ist für mich natürlich ein großes Kompliment, da ich Astrid Lindgren sehr schätze. Sie war eine ganz große Erzählerin, und die Kinderliteratur wäre ohne sie nicht da, wo sie heute ist.

Auf der Frankfurter Buchmesse haben Sie den Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises 2007 für ihr Gesamtwerk erhalten. In Ihrer Dankesrede
zitieren Sie Antonio Lobo Antunes: "Als Autor versucht man sich an der unlösbaren Aufgabe, über Dinge zu sprechen, die sich nicht in Worte fassen lassen". Können Sie mir diesen Satz bitte erklären?

Meinen Sie das im Ernst?

Ja, denn ich dachte, dass sich so ziemlich jedes Ding in Worte fassen lässt ...

Aber es gibt doch immer wieder Dinge, die wir stark empfinden können, die wir wissen und von denen wir überzeugt sind - irgendetwas Atmosphärisches oder etwas Emotionales, das wir aber nicht in Worte fassen können. Man kann sie natürlich beschreiben - aber trifft man damit auch den Punkt? Das trifft gerade auf Kinderliteratur in besonderem Maße zu, denn hier muss ein Autor das, was nicht greifbar ist - etwa Stimmungen und Gefühle - für Kinder in Worte fassen können.

In der Rede haben Sie auch gesagt, dass Kinderliteratur - außer Harry Potter - weder "Primetime- noch Heidenreich-fähig ist." Das klingt verbittert.

Nein, das ist keine Verbitterung. Früher war mir das sogar völlig egal, weil ich es nur auf mich bezogen habe. Aber die Wahrnehmung in den Medien sagt doch viel darüber aus, wie stark etwas geschätzt und wie ernst es genommen wird. Und das ist in meinen Augen ein echtes Problem für die Kinderliteratur - zumal es auch viel über die Stellung der Kinder in der Gesellschaft aussagt. Auf der einen Seite wird überall über die mangelnde Lesefähigkeit der Kinder geklagt sowie ihre Motivation, von sich aus ein Buch lesen zu wollen. Zumal das Buch dann bestenfalls noch anspruchsvoll sein oder ein didaktisches Ziel verfolgen soll. Angesichts dieses Anspruchs kann es doch nicht sein, dass Kinderliteratur so ein absolutes Nischendasein fristet. Das ist umso verwunderlicher, weil die heutigen Kinder, die keine Leser sind, auch als spätere Erwachsene keine Leser sein werden.

Immerhin ist Ihr neuer Roman "Alhambra" seit Wochen auf der "Spiegel"- Bestsellerliste ...

Worüber ich mich ohne Ende freue. Aber "Alhambra" ist ein Jugendbuch, das offenbar auch von Erwachsenen gelesen wird. Ich möchte, dass Literatur, die vor allem für Kinder gedacht ist, ernst genommen wird. Ich meine Bücher, die die Kinder lieben, aber Erwachsene nicht beleidigen. Wenn Kinderbücher das schaffen, schaffen sie ganz viel.

Weitere Hörbücher von Kirsten Boie

Themenwelten

Senioren, Greise, Silver Surfer

Senioren, Greise, Silver Surfer

Alte Menschen in der Literatur

Vom Eise befreit

Vom Eise befreit

Frühlingsliteratur

Über das Denken

Philosophie für Kinder

Von Geburt an Philosophen

Wer sind die anderen?

Afrika

Der so genannte dunkle Kontinent

Familiengeschichten

Vater, Mutter, Kind, Krieg

Familiengeschichten

Wirtschaftskrisenwerke

Wirtschaftskrisenwerke

Über Gier und Risiko