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Portrait: Christian Bärmann (bär) | Fotos: Suzanne Teresa

Chevy Stevens

Auf Anhieb auf die Bestsellerlisten

Eine sechsstellige Startauflage und die anschließende Übersetzung in 21 Sprachen: Davon träumt wohl jeder Autoren-Debütant. Für die Kanadierin Chevy Stevens wurde dieser Traum dank ihres Thrillers „Still Missing“ wahr.

Ich fand Still Missing so schrecklich, dass ich dachte, ich kann das nicht als Hörbuch einlesen”, erinnert sich Schauspielerin Laura Maire – und meint das wohl durchaus auch als Kompliment. Denn so schockierend und aufwühlend sie den Stoff aus der Feder von Chevy Stevens auch gefunden habe, so sehr habe er sie als Sprecherin am Ende dann doch gereizt: „Es ist unglaublich, was so ein Text mit einem macht, wenn man sich darauf einlässt“, berichtet Maire über den Thriller, der die kanadische Autorin aus dem Nichts auf die Bestsellerlisten gehievt und ihren Verlag St. Martin’s Press im vergangenen Sommer gleich zu einer amerikanischen Startauflage von 150.000 Exemplaren „genötigt” hat.

Es ist die Geschichte über die Entführung einer Frau und ihren Kampf, nach ihrer Befreiung wieder zu sich selbst und ins Leben zurückzufinden. Als „offen, heftig und manchmal sogar komisch”, charakterisiert Stevens’ Bestseller-Kollegin Gillian Flynn den düsteren Roman der Debütantin. Diese bricht gleich zu Beginn mit einem ehernen Gesetz des Thrillers. Denn sofort ist klar, dass die Protagonistin ihre Tortur überleben wird. Chevy Stevens beschreibt das als „Segen eines Neulings“: „Es ist wunderbar, wenn man keine Ahnung vom Schreiben hat, da man nicht weiß, dass man überhaupt irgendwelche Regeln bricht. Ich hatte keine vorgefasste Meinung von dem, was ich tun oder eben nicht tun sollte. Also tat ich das, was mir natürlich erschien.”

„Was, wenn ich abends nicht nach Hause kommen würde?“
 
Die Idee zu Still Missing kam der 37-Jährigen, als sie in ihrem eigentlichen Job als Grundstücksmaklerin unterwegs war. In den USA und Kanada werden zum Verkauf stehende Immobilien an den Wochenenden als „open house” der Öffentlichkeit präsentiert. Meist ohne festen Termin. Wer kommt, der kommt. Wenn man, vor allem als Frau, in leeren Häusern auf potenzielle Kunden warte, sei dies natürlich der perfekte Nährboden für eine überbordende Fantasie, berichtet Chevy Stevens. Eines Tages habe sie sich daher gefragt, was wohl passieren würde, wenn sie abends nicht nach Hause käme.

„Wer würde es zuerst bemerken? Was würde mit meinen Habseligkeiten passieren? Was wäre, wenn ich eine lange Zeit fort wäre? Wie würde sich die Rückkehr nach Hause anfühlen?“ All diese Fragen seien ihr seinerzeit durch den Kopf geschossen. Reizvoller als die eigentliche Entführung seien für sie aber der Überlebenskampf, die Nachwirkungen, gewesen. Im Mittelpunkt der Erzählung steht daher, wie Immobilienmaklerin Annie mit ihrer Psychiaterin die qualvolle Zeit in den Händen eines Frauenhassers aufbereitet.

Anfängerfehler

Auch dabei verließ sich Chevy Stevens, die als Rene Unischewski geboren wurde und auf Vancouver Island aufwuchs, ganz auf ihr Bauchgefühl. Denn anstatt wahre Entführungsfälle zu recherchieren, vermied sie es sogar, darüber zu lesen oder mit Therapeuten über ihr Buch zu sprechen: „Ich wollte, dass die Geschichte aus mir heraus kommt.” Eigene Lebenserfahrung und ihre Faszination für Psychologie im Allgemeinen bildeten das Grundgerüst für ihren Debütroman, für dessen Vollendung sie ihren Job aufgab und sogar ihr Haus verkaufte. „Ich war schon immer fasziniert davon, wie es einigen Menschen gelingt, schreckliche Ereignisse hinter sich zu lassen, während andere vom Schmerz gefangen bleiben.”

Allerdings konnte Chevy Stevens offenbar auch ihr Bauchgefühl nicht ganz vor Fehlern schützen, wie sie in einem Interview mit einer US-Tageszeitung verriet: „Ich habe auf schmerzliche Weise gelernt, dass man doch besser im Vorfeld gründlich recherchieren sollte. Es ist schrecklich, große Teile von Kapiteln noch einmal neu schreiben zu müssen, weil man zuvor einen kleinen Fehler gemacht hat.“ Es ist anzunehmen, dass ihr dieser „Anfängerfehler“ bei ihrem nächsten Thriller, Never knowing, der am 5. Juli in den USA veröffentlicht wird, nicht noch einmal unterlaufen ist.

Chevy Stevens: Still Missing. Übersetzt von Maria Poets. Fischer, 413 Seiten, 8,95 Euro

Chevy Stevens: Still Missing. Gelesen von Laura Maire. Argon, 6 CDs, 19,95 Euro

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