Der Schiffsjunge

Zugegeben, ich war voreingenommen: Die Geschichte von der Meuterei auf der Bounty, nun aus ganz anderer Perspektive erzählt (nämlich der des Schiffsjungen John Turnstyle), drohte mir ein kritikloses Weiße-Weste-Waschen zu sein. Statt des Leuteschinders erwartete ich nun dem gutherzigen Menschenfreund Kapitän Blight zu begegnen- wie langweilig. Aber Pustekuchen! Schiffsjunge John Turnstyle malt in seinem Bericht über die berühmteste Meuterei seit England die Wellen regiert nicht das Charakterbild einer strahlenden Lichtgestalt, sondern das eines ehrgeizigen, aber gutwollenden Menschen mit Schattenseiten. Diese Tiefe, diese Differenzierung hätte ich diesem (Hör-)Buch nicht zugetraut.

Und dass der Roman noch in einiger Entfernung vom Lautsprecher nach Salzwasser schmeckt und nach Seeluft riecht, verdankt er Sprecher Florian Lukas, der mit seiner Stimme die Wellen ans Ohr des faszinierten Hörers schlagen lässt und einfache Seeleute fein von Offizieren unterscheidet, der Stimmungen mit der Stimme greifbar macht. Es ist das sich perfekt ergänzende Zusammenspiel von Inhalt und Lesung, das dieses Hörbuch über die literarische Vorlage stellt, die für sich genommen schon mitreißend und fesselnd, weil spannend und einfühlsam ist. So wird der Hörer zum blinden Passagier und staunenden Zeugen der "wahren" Meuterei auf der Bounty …

(jr)

Meuterei auf der Bounty? Die Geschichte kennt man doch: Jähzorniger Kapitän quält tapfere Mannschaft, bis diese sich wehrt. Oder? – John Boyne erzählt eine andere Geschichte. Sein Kapitän Bligh ist ehrgeizig, aber auch besorgt um das Wohl seiner Mannschaft. Für das jüngste Besatzungsmitglied, den Schiffsjungen John Jacob Turnstile, wird er sogar so etwas wie ein Vaterersatz. Bis eines Tages auch John sich entscheiden muss, auf wessen Seite er steht.