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Roger Willemsen

Haben Sie sich die Texte ab und an vorgelesen?

Nein, nie. Ich lese sie, wenn ich sie einlese, fast zum ersten Mal. Ich weiß, dass sich das Hörbuch sehr anders anhören würde, wenn ich es nach einer Tournee einlesen würde, weil ich in der Interaktion mit dem Publikum sehr genau fühle, wo ich das Tempo anziehen und wo ich nachlassen kann. Bei einer Hörbuchaufnahme redet man sich in eine Art Rausch. Wenn man aber auf der Bühne liest, hört man die Leute lachen, man sieht ihre Erschütterung, man sieht, an welchen Stellen der Saal atemlos ruhig wird. Im Studio übergehe ich diese Wallung, die ich unterstelle, weil damit die Hörerschaft mehr freie Bewegung hat.

Was passiert beim Einlesen mit dem Text?

Er wird interpretiert, aber er möchte nicht interpretiert werden. Die Hörer sollen interpretieren, nicht die eigene Stimme. Aber ich kann nicht anders, als eine Geschichte so zu lesen, wie sie sich in meinem Kopf angehört hat.

Warum lesen Sie so gerne vor?

Weil ich redselig bin. Weil ich manchmal die Hoheit der Deutung über meine eigenen Sachen gerne behalte. Aber am allermeisten wahrscheinlich, weil ich bereits mit sechs Jahren angefangen habe, vorzulesen.

Wem haben Sie damals vorgelesen?

Meiner Mutter. Die war Schneiderin. Die musste, weil sie Witwe war, unsere Klamotten schneidern und hat deshalb sehr viel Arbeit gehabt. Währenddessen haben wir friedlich im Keller gesessen und ich habe ihr vorgelesen. Auf diese Weise habe ich sehr früh fast das gesamte Werk von Dostojewski und Thomas Mann und Charles Dickens gelesen.

Ihr nächstes Hörbuch „My favourite things“ ist eine Zusammenstellung von Jazz-Titeln. Welchen dieser Titel würden Sie jetzt gerne hören?

Vermutlich ein Stück von Bill Evans, das heißt „Peace Piece“. Ein gut sechs Minuten langes Klavierstück, das aus fast nichts besteht. Das ist wie ein Stück Religion. Ich höre es ziemlich selten, damit es sich nicht so abschleift. Ich finde es grandios, kühn und ungeheuerlich.

Wie hören Sie Musik? Darf man sich dabei unterhalten? Fangen Sie an, die Akkorde zu erklären?

Die musiktheoretischen Aspekte interessieren mich weniger. Ich versuche eher, dem Ausdrucksverhalten der Musik nachzuspüren. Und es kommt zwar mal vor, dass ich eine Unterhaltung unterbreche und sage „Hör mal!“, aber selten. Ich höre Musik auch schon mal im Hintergrund. Aber bestimmte Stücke nicht. Sie werden niemals erleben, dass ich „Peace Piece“ im Hintergrund höre. Es gibt Stücke, die muss man richtig bewusst hören.

 

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