Jump to Navigation
Interview: Margarete von Schwarzkopf (mvs) | Fotos: Uwe Tölle

Heikko Deutschmann

„Ich gehe gern ans Limit“

Seine Stimme klingt vor allem für Frauenohren verführerisch und lässt die Herzen höher schlagen, von seinem guten Aussehen ganz zu schweigen. Doch Heikko Deutschmann macht wenig Aufsehen um das eine oder das andere, berichtet hörBücher-Autorin Margarete von Schwarzkopf, die den Schauspieler zum Interview traf.

Die Stimme ist sozusagen eine Gabe Gottes. Dafür kann man nichts. Es ist natürlich wunderbar, wenn sie angenehm klingt. Man kann sie schulen, aber wirklich verändern kann man sie nicht. Und ich bin nicht immer nur freundlich mit meiner Stimme umgegangen“, sagt Heikko Deutschmann, anspielend darauf, dass er bis vor wenigen Jahren ein starker Zigarettenraucher war. Jetzt ist er, auch weil er zu Hause einen kleinen Sohn hat, auf wenige Zigarillos am Tag umgestiegen - und das auch nur, wenn sein Sohn nicht in der Nähe ist.

Dennoch ist diese „Gabe Gottes“ sehr hilfreich für seine Theater- und Fernsehkarriere gewesen. Und es sind vor allem die vielen Hörbücher, die er in den vergangenen Jahren produziert hat, die Heikko Deutschmann populär gemacht haben. Jo Nesbo und Friedrich Ani, Cecilia Ahern und Jörg Fauser, Martin Suter und Schiller-Balladen – die Liste ist lang und das Spektrum sehr breit gefächert. Dazu kommen noch Lesereisen mit international renommierten Autoren wie David Baldacci oder Peter Robinson und in diesem Jahr mit Ian Rankin, dessen Romane Deutschmann in Zukunft ebenfalls für die Hörbuchproduktionen sprechen wird.

Zweifelsohne zählt er derzeit zu den meistgefragten Sprechern im Lande. Er sieht das eher gelassen und mit der ihm eigenen Mischung aus Bescheidenheit und der Einschätzung der eigenen Fähigkeiten. „Hörbücher zu sprechen bereichert mein berufliches Leben. Es ist eine wunderbare Ergänzung meiner anderen Tätigkeiten. Sich intensiv mit einer literarischen Vorlage zu beschäftigen, sich in den Text und seine Charaktere zu versenken, ist immer wieder anregend und spannend.“

 

  • In nur acht Tagen nahm Heikko Deutschmann in einem Berliner Studio „Limit“ auf

Wobei er gerne im wahrsten Sinne des Wortes bis an sein Limit geht und sich mit Begeisterung besonderen Anforderungen stellt. So verschwand er Anfang November für die Aufnahmen zu Frank Schätzings Bestseller „Limit“ für acht Tage in einem Berliner Tonstudio. Als er wieder auftauchte, hatte er ein Hörbuch mit 22 CDs und einer Laufzeit von 1.690 Minuten produziert. Noch immer zeigt sich der Schauspieler selbst ein wenig erstaunt, dass er mit einer Vorbereitungszeit vor nur vier Tagen das im Original 1.400 Seiten umfassende Werk Schätzings in knapp acht Tagen Aufnahmezeit „gepackt“ hat. „Ich habe auch schon früher umfangreiche Romane auf Hörbuch gesprochen wie zum Beispiel Stendhals ‚Rot und Schwarz’ – immerhin 18 CDs.

Doch dieses Mal mussten wir wirklich gegen die Zeit segeln – das Hörbuch sollte rechtzeitig vor Weihnachten erscheinen. Das bedeutete, dass mir die Aufnahmen im wahrsten Sinne des Wortes unterm Hintern weggerissen wurden. Kaum war etwas aufgenommen, verschwand es auch schon in der Presse. Das macht die Arbeit nicht leichter, denn es bleibt ja keine Zeit, in Ruhe die eine oder andere Stelle noch einmal anzuhören und zu korrigieren. Allerdings war das auch nur in einem Fall wirklich nötig. Eine Passage nahm ich noch einmal auf, als bereits alles fertig war.“

Deutschmann hat sich schnell von der Strapaze erholt, die eine solche Mammutarbeit, die vor allem auch Konzentration und Präsenz verlangt, bedeutet. Doch das Angebot, Schätzings neuen Roman zu sprechen, erschien ihm verlockend und alle Anstrengungen wert zu sein. „Erstens mag ich die Romane von Schätzing. Ich schätze seine Recherche vor allem im Hinblick auf wissenschaftliche Details, seine Gabe, Charaktere zu entwerfen und Stimmungen festzuhalten. Außerdem – wer würde ein solches Angebot ausschlagen und neidlos zusehen, wie ein anderer Schauspieler sich mit diesem Stoff beschäftigt?“

Das Geld, das man mit einer solchen Produktion verdient, sei kein besonderer Anreiz. Mit derselben Anzahl an Drehtagen könnte er dies doppelt und dreifach verdienen. „Aber die Herausforderung, ein solch gewaltiges Werk stimmlich umzusetzen, selbst wenn es für die Aufnahmen gut um die Hälfte gekürzt worden ist, ist schon sehr reizvoll und zugleich ein Test, wie belastbar ich bin.“

„Ich liebe es, die Fantasie von Menschen zu beflügeln“

Deutschmann mag, wie auch andere Sprecher, vor allem die besondere Möglichkeit, die Hörbücher bieten, sich in unterschiedliche Charaktere einzuarbeiten, im Kopf Biografien weiterzuentwickeln und bestimmten Eigenschaften der Personen stimmliche Nuancen zu verleihen. „Allerdings bin ich kein Freund davon, meine Stimme dabei allzu sehr zu verändern, in jede Rolle sozusagen stimmlich so zu schlüpfen, dass ich mir selbst fremd klinge“, sagt er. Dass er den Tonfall variiert, mal etwas tiefer, mal höher, mal schneller, mal langsamer spricht, ist eine andere Sache. Aber: „Verbiegen könnte ich meine Stimme nicht.“

Im Fall von ‚Limit’ war das nicht immer einfach. Denn: „In ‚Limit’ gibt es so wahnsinnig viele Charaktere, mehr noch als im ‚Schwarm’. Das Original wurde zwar für die Hörbuchversion stark gekürzt, aber das Manuskript, das ich in den Händen hielt, beziehungsweise das dann vor mir auf dem Studiotisch lag, wog immer noch mehrere Kilos. Und bei den Kürzungen blieben ja die Personen alle ‚am Leben’ und mussten irgendwie stimmlich eingeordnet werden.“

Nun liegt dieser Berg hinter ihm, und er ist selbst gespannt, wie das Hörbuch ankommt. „Ich habe die fertige Fassung auch erst Anfang Dezember hören können“, sagt Heikko Deutschmann. Aber offensichtlich hat sich diese Schwerstarbeit gelohnt. Zumindest sind die ersten Reaktionen positiv. Das Hörbuch zieht in den Bann, vermeidet auch dank der gelungenen Kürzungen überflüssige Szenen und kommt rascher als die Romanvorlage zum Punkt. Deutschmann liest – aber das ist man von ihm ja gewohnt – präzise und nuancenreich, und vor allem in einem Tempo, mit dem man als Hörer gut Schritt halten kann.

Heikko Deutschmann

Der 1962 in Innsbruck geborene Deutschmann spielte nach dem Besuch der Berliner Hochschule für Künste mehrere Jahre am Hamburger Thalia-Theater und war auch als Musiker erfolgreich. Mitte der achtziger Jahre kamen erste Fernseh-Engagements, Mitte der neunziger Jahre startete er durch und hat inzwischen in zahlreichen Produktionen vor der Kamera gestanden, in Serien wie „Der Mond scheint auch für Untermieter“ (1995) und „Kanzleramt“ (2005), „Tatort“-Krimis bis hin zu Donna-Leon-Verfilmungen und eine moderne Version des Hollywoodklassikers „Hausboot“. Inzwischen lebt er mit seiner Frau Iris Böhm und dem gemeinsamen Sohn in Berlin.

Weitere Hörbücher mit Heikko Deutschmann

Themenwelten

Senioren, Greise, Silver Surfer

Senioren, Greise, Silver Surfer

Alte Menschen in der Literatur

Vom Eise befreit

Vom Eise befreit

Frühlingsliteratur

Über das Denken

Philosophie für Kinder

Von Geburt an Philosophen

Wer sind die anderen?

Afrika

Der so genannte dunkle Kontinent

Familiengeschichten

Vater, Mutter, Kind, Krieg

Familiengeschichten

Wirtschaftskrisenwerke

Wirtschaftskrisenwerke

Über Gier und Risiko