Du hättest gehen sollen
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Informationen: , 15 €
Verlag: Rowohlt
Rezension
Die Idylle in Daniel Kehlmanns Novelle "Du hättest gehen sollen" ist trügerisch. Was als Familienausflug in die Berge beginnt, entpuppt sich als Auftakt zu einem Psychothriller. Mit Tochter und Frau hofft der Ich-Erzähler dort Inspiration zu finden, um das Drehbuch zu dem Film "Allerbeste Freundin II" zu schreiben. Neben der Dokumentation dieser seichten Story gibt sein Notizbuch auch tiefe Einblicke: in eine erkühlte Ehe und ein Haus, in dem das Unheimliche Gestalt annimmt. Als der Protagonist fremde Menschen in Spiegeln sieht und Stimmen hört, fühlt sich der Leser in einen Hollywoodschmöker versetzt. Waldeinsamkeit mit Gänsehauteffekt - und noch viel mehr: Kehlmann wäre nicht Kehlmann, wenn er sich nicht erneut eines ästhetischen Coups bedient hätte. Es ist das unzuverlässige, die Wirklichkeit erschütternde Erzählen, welches die Verführungskraft des Buches ausmacht. Je mehr die Halluzinationen sich mit der Realität verbinden, desto mehr wird die Welt zur Verschwörung. Mehr und mehr entsteht ein Universum zum Irregehen. Man denkt an Maria Rubinstein aus Kehlmanns "Ruhm". Sie verschwindet auf ähnlich mysteriöse Weise wie der Drehbuchautor. Sein Schöpfer ist eben ein Grenzvermesser zwischen Spuk und Wahrheit, ein Reiseführer in das menschliche Unterbewusstsein.
(hay)Kurzbeschreibung
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