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Cornelia Funke: Geisterritter

Was macht den Reiz von Geistergeschichten aus?

Man bekommt es mit großen Themen wie Leben und Tod und Schuld und Sühne zu tun – weil Geister ja meist noch irgendwelche unerledigten Geschäfte haben und deswegen mit der irdischen Wirklichkeit verhaftet bleiben. Ich hätte einen historischen Roman über den Ritter schreiben können, aber es reizte mich, die Geschichte in unserer Zeit anzusiedeln und ein wirkliches Kind als anderen Helden zu haben.

Dazu passt gut, dass die beiden kindlichen Helden, Jon Whitcroft und Ella Littlejohn, mit Deinem Sohn und der Tochter des Filmproduzenten Lionel Wingram reale Vorbilder haben …

Ja, Lionels Tochter Ella war sehr aufgeregt, während Ben mittlerweile schon daran gewöhnt ist, dass er in irgendeiner Weise in meinen Büchern vorkommt. Ich kam auf die Idee, Ella in der Geschichte vorkommen zu lassen, als ich bei meiner Recherche erfuhr, dass Longspees Frau Ella geheißen hatte. „Wie wär’s“, dachte ich mir, „wenn ein Kind mit demselben Namen ihn an seine Frau erinnert?“ Natürlich habe ich Ella um Erlaubnis gefragt. Sie hat ein so ausdrucksvolles Gesicht, dass ich als Illustratorin auch gleich daran dachte, wie gut man sie würde zeichnen können. Ella erinnert mich sehr an meine Tochter Anna, weil sie etwas Stoisches hat und nicht leicht den Kopf verliert – was natürlich fantastisch in eine solche Geschichte passte.

Fantastisch sind auch die Illustrationen von Friedrich Hechelmann, die dem Buch eine ganz besondere Note geben …

… und das Wunderbarste an diesem Buchprojekt sind! Als ich mit dem Schreiben fertig war, habe ich laut davon geträumt, dass dieses Buch ein paar farbige Illustrationen bekommen könnte, wie früher meine alten Märchenbücher. Daraufhin hat der Dressler-Verlag sofort Friedrich Hechelmann angesprochen und ihn dafür gewinnen können, das ganze Buch farbig zu illustrieren. Eine Autorin kann sich wirklich kein schöneres Geschenk von ihren Verlegern wünschen. Ich denke, ich werde nie wieder ein Buch bekommen, das so exquisit ausgestattet ist.

Die Fantasy-Geschichte spielt in einem englischen Internat – hast Du etwas Sorgen, damit in die Harry-Potter-Schublade zu rutschen?

Nein, überhaupt nicht, weil das Internat in Salisbury sehr modern ist und so gar nichts von Harry Potter hat. Ich wollte, dass die Chorknaben der Kathedrale in meinem Buch vorkommen, und die Kathedralenschule ist nun mal auch ein Internat. Außerdem sollte Jon Whitcroft von seiner Mutter ins Internat geschickt werden, weil er sich mit dem neuen Freund seiner Mutter nicht versteht. Als ich mit dem Schreiben an „Geisterritter“ begann, war ich gerade Witwe geworden und mein Sohn wachte anfangs sehr eifersüchtig über mich – das nahm ich als Anregung, darüber zu schreiben, wie dramatisch es gerade für Söhne ist, wenn jemand anders den Platz des Vaters einnimmt.

Bei aller Spannung – der Humor ist für diese Geschichte besonders wichtig?

Absolut. Es ist das erste Mal, dass ich einen Ich-Erzähler habe, über dessen Alter ich mir aber erst klar werden musste. Da ein 11-Jähriger seine Erlebnisse meist nicht allzu philosophierend betrachtet, habe ich Jon rückblickend erzählen lassen. Allerdings habe ich ihn nicht zu alt gemacht, damit er das Ganze nicht allzu nostalgisch wiedergibt. Es hat mir unglaublichen Spaß gemacht, wieder für Jüngere und etwas leichtfüßiger zu schreiben, da ich ja sonst an „Reckless“ arbeite und das wesentlich erwachsener ist. Es war mir auch wichtig, meinen jüngeren Lesern mit dieser Geschichte zu zeigen, dass ich für sie genauso leidenschaftlich weiterarbeite wie für die Größeren.

Cornelia Funke: Geisterritter. Dressler, 256 Seiten, 16,95 Euro

Cornelia Funke: Geisterritter. Gelesen von Rainer Strecker. Oetinger audio, 3 CDs, 19,95 Euro
 

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