Herztier

Wie gut, dass es den Nobelpreis für Literatur gibt. Denn ohne die Auszeichnung würde Herta Müllers bereits 1994 erschienener Roman "Herztier" wohl kaum als Hörbuch produziert. Und wenn doch, dann bestimmt nicht mit Katja Riemanns Stimme. Ein Verlust, der uns erspart bleibt.

In ausdrucksstarken Sprachbildern beschwört "Herztier" die Stimmung in Ceausescus Rumänien herauf: Trostlose Gegenden, die sich in den Gesichtern der Menschen spiegeln, auch in dem der jungen Lola. Sie ist in die Stadt gegangen, um ihr Glück zu machen und begeht stattdessen Selbstmord. Oder war es Mord? Die Ich-Erzählerin, Studentin wie Lola, lässt diese Frage nicht mehr los. Sie kommt mit drei jungen Männern ins Gespräch, die verbotene Bücher lesen und innerlich gegen das Schweigen und die Unterdrückung im Land aufbegehren. Die vier Freunde geraten ins Visier der Securitate, werden schikaniert und verhört. Herta Müller zeigt, wie der totalitäre Staat alles zerstört - Hoffnung und Freundschaft, Liebe und die Lust am Leben. Katja Riemann folgt der eindringlichen Sprache, ohne sich aufzudrängen, sie zeichnet die Sätze nach, ohne zu übertreiben. Nur manchmal hätte man sich ein wenig mehr Raum zwischen den Absätzen gewünscht. Zeit, um den Sprachbildern nachzuspüren.

(akm)

Lola kam aus dem Süden Rumäniens, sie wollte dem Elend mit Hilfe eines erfolgreichen Mannes entfliehen und hing eines Tages am Strick. Die Freunde glauben nicht an einen Selbstmord, versuchen die Wahrheit herauszufinden und zerbrechen daran. Herztier, 1994 erstmals erschienen, zeichnet ein eindringliches Bild eines totalitären, menschenfeindlichen Staates und der elementaren Gefühle seiner Bewohner - allgegenwärtige Angst und rauschhafte Liebe, gefährdete Freundschaft und schwarzer Hass.